Bleibt Tschernobyl eine Todeszone
Parischew/Ukraine. – Anwohner, Besucher und Biologen haben in den radioaktiv verseuchten Zonen von Tschernobyl Tiere erspäht, die sonst in weiten Teilen Europas kaum noch zu finden sind. Neben Wölfen, Füchsen und Rehen sollen sich auch Elche und Luchse in der Zone angesiedelt haben, in der die Radioaktivität nach Uno-Untersuchungen noch immer um das Zehn- bis Hundertfache erhöht ist. Über die Folgen für die Tiere streiten sich die Forscher. Während einige Wissenschaftler nach dem nahezu vollständigen Wegzug der Menschen ein sicheres Rückzugsgebiet für wilde Tiere im Umkreis von Tschernobyl ausmachen, warnen andere vor dem Schluss, die Ansiedlung sei dauerhaft. Die Tiere litten an Missbildungen, und ihre Gesundheit sei derart beeinträchtigt, dass ihr Überleben in Tschernobyl keineswegs gesichert sei. Der Biologe Robert Baker von der Technischen Hochschule Texas zählt zu jenen, die das verlassene Gebiet um das Atomkraftwerk als Zufluchtsort für wilde Tiere beschrieben haben. Die Mäuse und andere Nagetiere, die Baker seit Anfang der 90erJahre untersuchte, zeigten seinen Berichten zufolge eine erstaunliche Fähigkeit, sich der Radioaktivität anzupassen. Zwar hätten Gentests ergeben, dass die Tiere nicht frei von Schäden an ihrer Erbsubstanz seien, räumten Baker und Kollegen ein. Insgesamt seien die Bestände jedoch nicht belastet.
Ein ganz anderes Bild zeichnet der Biologe Timothy Mousseau von der Universität South Carolina. Die Tiere kämen zwar nach Tschernobyl zurück, hätten aber Schwierigkeiten zu überleben, ist seine Überzeugung. Bei einem grossen Teil der von ihm untersuchten Rauchschwalben fand Mousseau Krankheiten und genetische Schäden. In den am stärksten verstrahlten Bereichen seien die Überlebensraten deutlich geringer.
Bei rund einem Drittel von etwa 250 Jungvögeln stellten Mousseau und seine Kollegen verformte Schnäbel, Albinogefieder, verbogene Schwanzfedern oder andere Missbildungen fest. In einem Bericht in der Zeitschrift «Biology Letters» im März wiesen die Forscher auf elf seltene Missbildungen hin, die ihnen bei den Schwalben von Tschernobyl aufgefallen waren. ( AP)
TagesAnzeiger/Zürich 9.6.07
TagesAnzeiger/Zürich 9.6.07
Ricotimi - 9. Jun, 11:08