In der Antarktis droht ein riesiges Stück vom Schelfeis abzubrechen. Unter Umständen kommt damit eine Dynamik in Gang, die den Meeresspiegel um bis zu zehn Zentimeter ansteigen lassen könnte
Der Schwund von Meer- und Gletschereis auf der Südhalbkugel hat in den vergangenen Wochen viel Aufsehen erregt. Schon bald könnte sich dort ein gewaltiger Eisberg abtrennen. Denn in dem Schelfeis Larsen C an der Antarktischen Halbinsel klafft ein 175 Kilometer langer Spalt. Im Sommer der Südhalbkugel ist er wieder ein Stück gewachsen. Dem Spalt fehlen nur noch 20 Kilometer, dann schwimmt der Eisberg frei.
Diese Entwicklung nährt Spekulationen, dass in den nächsten Jahren das gesamte Schelfeis dahinter zerfallen könnte. Larsen C ist das grösste Schelfeis an der Antarktischen Halbinsel, 17 Prozent grösser als die Schweiz, und das viertgrösste des Kontinents. Die ungefähr 300 Meter dicke weisse Platte besteht aus Eismassen, die von Gletschern der Antarktischen Halbinsel aufs Meer geströmt sind. Das Schelfeis schwimmt zwar auf dem Meer, ist aber fest mit den Gletschern an Land verbunden.
Zwei nördlich benachbarte, kleinere Schelfeise hatten sich 1995 und 2002 aufgelöst: Larsen A vollständig und Larsen B teilweise. Nachdem Larsen B zerbrochen war, begannen die Gletscher an der Küste schneller Richtung Meer zu rutschen, weil der stützende Effekt des Schelfeises verschwunden war. Ob sich Ähnliches auch im Bereich von Larsen C abspielen könnte, ist noch offen.
NZZ/Zürich