Joe Henry
Neun Minuten, das ist kein kurzes Leben. Wenigstens nicht in einem Song, man kennt ja die Beispiele, in denen die Leute im Verlauf einer einzigen Zeile auftreten und sterben. Hier, im Fall von «Sign», passiert es der Mutter des Sängers in Zeile vier, wir stecken noch mitten im Exposé: «I got his name», singt er über seinen Vater, «and killed his wife.» Doch was nun folgt nach der todbringenden Geburt des Sohnes, sind neun Minuten und ein ganzes Leben. Joe Henry lässt seinen namenlosen Sänger als Kind verstocken und schickt ihn dann in die Bergwerke, die schon seinen Vater in die Flucht getrieben haben und jetzt auch ihn: «They claim these hills, / But they can’t claim me.» Er wird Seemann und Soldat auf einem Kriegsschiff, er wird Trinker, geheimer Liebhaber, Assistent eines Arztes und Häftling.
Und dann, in den letzten zwei Minuten der letzten Strophe, ist alles vorbei, und was ihm bleibt ist nur noch die Erinnerung an ein Mädchen in der Schule, von dem er hoffte, es könnte lernen, seine Lippen zu lesen: «Please love me.» Und noch einmal ziehen die Bläser auf wie für einen Trauerumzug, dann sind auch sie weg, und der Song ist vorbei.
Die eingängige Melodie des Lieds klingt aus vorbeifahrenden Autos und dient als Stimmungsmacher beim Public Viewing. Für Belgiens Rote Teufel ist die Fussball-WM in Brasilien vielleicht noch lange nicht zu Ende. Der Song «Ta fête» des Rappers Stromae wird den Triumphzug der Diables rouges auch für das Publikum zu Hause auf alle Fälle bis ans Ziel begleiten.
Die 33-Jährige Jazzsängerin Somi ist in den USA geboren und aufgewachsen, aber nun in die grösste Stadt Nigerias gezogen. Ihr Album «The Lagos Music Salon» ist das Resultat dieser Reise: die Suche einer Amerikanerin nach ihren afrikanischen Wurzeln. Man spürt die Neugier der Sängerin – in den treibenden Funk-Bläsern im Stil eines Fela Kuti, im Chor der Yoruba-Stimmen. Aber man spürt auch, wo Somi wirklich verwurzelt ist: In New York. Ihr warmer, weicher Gesang atmet die Intimität der Jazzbars, in denen sie sich einen Namen gemacht hat und zur grossen Jazzhoffnung aufgestiegen ist.
Er schrieb den ersten Hit für die Rolling Stones: Bobby Womack überliess Keith Richards und Mick Jagger «It's All Over Now». Nun ist der Sänger, Komponist und Produzent 70-jährig gestorben.
Ed Sheeran der schrullige Troll ist die Popsensation der letzten Jahre. Man würde ihm gern die Wuschelfrisur glatt streichen. Doch unterschätzen sollte man Ed Sheeran nicht. Der 23-jährige Brite sieht schräg aus, ist aber ein fadengerader Handwerker. Süffige Kuschelballaden garniert er mit halb gerappte Songs und verträumten Popmelodien. Heimelig schrummende Gitarren wechseln sich ab mit zeitgemäss schnippenden Beats.